Vor einem Jahr, im Rückblick auf das Jahr 2018, hatten wir allen Grund zum Feiern: Unser Crowdfunding, das erste Lobby-Projekt und die Teilnahme an einem Demokratie-Wettbewerb waren alle erfolgreich. 2019 war das anders: Was nicht geklappt hat und warum, rekapitulieren wir hier. Warum wir aufstehen, unsere Krawatte richten und weitergehen, auch.
Fangen wir mit den weniger guten Nachrichten an
In 2019 konnten wir endlich unsere Idee, Lobbyarbeit für wichtige Themen via Crowdfunding zu finanzieren, dem Realitätscheck unterziehen. Erfolgreich und transparent lobbyieren? Können wir. Jetzt waren wir gespannt, ob viele Menschen bereit sind, kleine Geldbeträge dafür zu spenden. Wir starteten im Juni 2019 mit den Kampagnen für die ersten Themen: Für die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Tampons, für politische Maßnahmen im Kampf gegen Einsamkeit im Alter und für bessere Gesetze für Tiny Houses in Deutschland. Das sind alles Themen, die nicht für alle Menschen höchste politische Priorität haben und trotzdem eine ausreichende gesellschaftliche und politische Relevanz haben, um eine Unterstützergruppe von einigen tausend Menschen zu finden. Crowdfunding ist allerdings kein Selbstläufer und hinter jeder erfolgreichen Kampagne steckt viel Arbeit. Wir haben also gemeinsam mit den hinter den Vorschlägen stehenden Menschen die Themen aufbereitet, ein Kommunikationskonzept entwickelt und Fotos und Videos zu den Themen produziert, eine Online-Agentur für die Social-Media-Arbeit engagiert und an Facebook Geld für Werbung für unsere Kampagnen bezahlt. Zusammen hat das alles eine (niedrige) fünfstellige Summe verschlungen. Das alles für das Ziel, 20.000 Euro pro Thema einzusammeln. Und obwohl wir uns von Herzen bei allen bedanken, die bereit waren, Geld für diese Anliegen zu spenden - das Ergebnis ist: Die Crowdfundings haben nicht funktioniert. Mal mehr, mal weniger klar haben wir diese Summe nicht erreicht.
Woran das liegt?
Vermutlich gibt es mehrere Gründe. Zum Beispiel die allgemeine Abneigung der Menschen gegenüber “Lobbyismus” - es ist nicht ganz leicht, viele Menschen über das Netz zur Finanzierung von Lobbyarbeit zu bewegen, wenn in einer aktuellen Umfrage 78 % der Befragten den Einfluss von Lobbyismus auf die Politik (eher) negativ bewerten und nur 3 % glauben, dass von Lobbyismus auch die Bürgerinnen und Bürger profitieren. Wahrscheinlich verfügen wir außerdem noch nicht über genügend Reichweite. Je mehr Menschen von uns und unseren Kampagnen wissen, desto höher wird die Spendensumme. In der Crowdfunding-Szene rechnet man mit der Daumenregel “1 Seitenbesucher = 1 Euro”. Unsere Statistiken zeigen, dass im Jahr 2019 etwa 5.000 Menschen auf www.welobby.co waren - mathematisch betrachtet zu wenige, um mehrere zehntausend Euro einzusammeln.
Was folgt daraus für uns?
Wir überlegen uns aktuell andere Wege, wie wir welobby finanzieren können. Als Organisation, die wenigstens drei bis vier Menschen ständig und anständig bezahlen will, brauchen wir etwa 250.000 Euro im Jahr. Für uns ist klar: Wir machen weiter. Wir sind immer noch davon überzeugt, dass Deutschland eine Lobby für alle ohne Lobby braucht und wir wissen, dass wir das sein können und wollen. Wir bekommen immer noch viel positives Feedback für unsere Idee und unsere Arbeit. Von Studentinnen, die ein Praktikum bei uns machen wollen. Von Journalisten, die mit uns Interviews über unsere Arbeit machen wollen. Von Moderatoren, die uns zu Diskussionsrunden zum Thema Politik und Lobbyismus einladen. Und das ist die gute Nachricht!